Ach, was war das für ein schöner Moment, als Georg Schramm in seiner Figur als Lothar Dombowski im Sommer 2010, anlässlich der bevorstehenden Bundespräsidentenwahl nach dem überraschenden Rücktritt Horst Köhlers diese Ankündigung machte:
Das war natürlich ein Gag. Dennoch hatte ich den Eindruck, dass es auch ein kleines bisschen ernst gemeint war, schließlich wies Schramm darauf hin, dass es für die Annahme der Kandidatur ausreiche, wenn ein Mitglied der Bundesversammlung ihn vorschlägt. Leider gab es zu dem Zeitpunkt offenbar keinen fraktionslosen Abgeordneten, der nichts mehr zu verlieren hatte und sich diesen Scherz hätte erlauben können. Dabei hatte Lothar Dombrowski ja schon recht konkrete Vorstellungen, was er in dem Amt hätte machen können:
Kurze Zeit später wurde Christian Wilhelm Walter Wulff zum zehnten deutschen Bundespräsidenten gewählt. Doch Schramms Kandidaturersuchen geriet nicht in Vergessenheit. Nicht bei den Wutbürgern, die im Zuge der „Wulff-Affäre“ im Dezember mit einem Portrait Schramms vors Schloss Bellevue zogen und auch nicht bei mir, der ich im Verlauf dieser Affäre anfing zu überlegen, wie es möglich zu machen wäre, dass meine Partei Die Linke Schramm zur, möglicherweise bald bevorstehenden, Bundespräsidentenwahl aufstellen könnte. Da ich als einfaches Mitglied niemanden im Parteivorstand persönlich kenne, ging ich davon aus, dass mein Vorschlag nur dann Gehör finden kann, wenn es mir gelingt zu zeigen, wie viele Genossinnen und Genossen hinter meinem Anliegen stehen. Hierfür schien mir eine Internet-Petition der geeignetste Weg. Vorbild war hier der junge-Welt-Boykott. (Technisch wohlgemerkt, nicht inhaltlich!) Da ich keine Ahnung habe, wie man so etwas einrichtet, fragte ich einen Bekannten. Die Anleitung dazu hörte sich aber derartig kompliziert an, dass ich die Sache erst mal Ad acta legte. Es schien sich um Wulff ja auch bald wieder zu beruhigen...
Als Christian Wilhelm Walter Wulff dann am 17. Februar die Presse einlud, war schnell klar, dass es sich hier wohl nicht um die Vorstellung einer neuen Wohlfahrtsbriefmarke handelte, sondern er vielmehr seinen Rücktritt verkünden wollte. Nach der Aufhebung seiner Immunität gedachte er offenbar nicht, den bevorstehenden Prozess nun auch noch präsidial auszusitzen. Was nun? Lohnte es sich jetzt noch, eine Petition aufzusetzen? Oder hatte der Parteivorstand in den vergangenen Wochen bereits, ebenso wie ich, eine bestimmte Person als Kandidaten im Auge? Die ersten Fernsehstatements von Gregor und Gesine machten den Eindruck, dass dem nicht so sei. Statt dessen wurde rumgejammert, dass Die Linke von Merkel nicht zur gemeinsamen Kür eingeladen wurde. Warum eigentlich? Sicher, hätte Merkel Die Linke von sich aus eingeladen, wäre das ein positives Signal gewesen, dass die Partei Anerkennung genießt, etabliert, im positiven Sinne, ist. Wird Die Linke aber bewusst nicht eingeladen, wäre es doch geboten, ganz souverän einen eigenen Kandidaten, respektive Kandidatin, zu nominieren, statt sich zu verhalten wie ein Schulkind, dass nicht zum Kindergeburtstag eingeladen wird. Und sowieso: Wer will denn schon einen Bundespräsidenten, der von CSU bis Linke konsensfähig ist? Das müsste ja ein furchtbarer Opportunist sein.
Würde man mich überhaupt ernst nehmen, wenn ich einen Kabarettisten vorschlage? Würde man mir nicht vielmehr den Vogel zeigen? Mut machten mir die Piraten, deren Basis zu meiner Überraschung und Freude, am Abend des 17. ebenfalls an einer Nominierung Schramms bastelte. Auch wenn ich die Piraten aufgrund ihrer überwiegend liberalistischen Grundausrichtung und der damit einhergehenden mangelhaften Prioritätensetzung von sozialem Ausgleich nicht unbedingt als erste Bündnispartner sehe, die Nutzung von basisdemokratischen Elementen („Liquid Democracy“) ist schon eine sehr feine Sache. Und, während ich weiterhin im Unklaren war, was mein Parteivorstand vorhatte zu tun, konnte ich am Bildschirm live mitverfolgen, wie ein Schreiben der Piraten an Schramm erstellt wurde und eine Online-Abstimmung zu dem Anliegen lief. Faszinierend. Mir ist natürlich klar dass die Mitgliederstruktur der Linken eine andere ist. Dennoch sollte dringend mal geprüft werden, wie mehr Basisbeteiligung auch bei uns möglich ist. Überhaupt: Warum finden in Deutschland keine parteiinternen Vorwahlen statt, wie in so vielen anderen Demokratien? Mal ganz abgesehen davon, dass in Deutschland das Staatsoberhaupt nicht mal durch das Volk gewählt wird, was übrigens auch eine Schande ist.
In der Rhein-Zeitung war am Tag darauf Folgendes zu lesen:
Schramm lehnt die Idee offenbar zumindest nicht rundherum ab. Sein Agent Tilman Schmidt hat am Samstag unserer Zeitung per Mail mitgeteilt, Georg Schramm benötige "etwas Zeit um sich zu entscheiden, wie er auf die vielen Anrufe und Mails reagieren wird, die ihn zu einer Kandidatur drängen". Er bitte deshalb noch um einige Tage Geduld.
Es schien sich also zu lohnen...
Ich fand heraus, dass es bei openpetition.de sehr leicht ist, eine solche Online-Petition einzurichten. Natürlich ist klar, dass sich hier letztlich jeder Idiot mit falschem Namen eintragen kann und es keine Möglichkeit gibt zu überprüfen, ob es sich wirklich um Anhänger der Linken handelt. Aber es hat immerhin eine symbolhafte Wirkung und Bedeutung. Nun brauchte ich noch eine formale Ebene, auf die ich die Kampagne stützen konnte, damit das ganze nicht zu sehr nach One-Man-Show aussieht. Es war nicht schwer, unter den Genossinnen und Genossen Befürworter Schramms zu finden und so gründeten wir am Abend des 18. Februar relativ unspektakulär und improvisiert den „Landesarbeitskreis für ungewöhnliche Maßnahmen in der Linksjugend ['solid]“ mit insgesamt fünf Mitgliedern auf dem Hamburger Berg. Nur wenige Stunden später, stellte ich dann diesen Aufruf online:
Wir, Mitglieder, Sympatisierende, Wählerinnen und Wähler der Partei DIE LINKE.,
fordern den Parteivorstand von DIE LINKE. auf, Georg Schramm zum Kandidaten für das Amt des deutschen Bundespräsidenten zu nominieren, bzw. im Falle seiner Nominierung durch die Piratenpartei, ihn ebenfalls als Kandidaten zu unterstützen.
Begründung: Die Vorstellung, einen Kabarettisten für das Amt des Bundespräsidenten kandidieren zu lassen, mag manchen skurril vorkommen. Anderen wiederum erscheint das Amt des Bundespräsidenten an sich skurril. Wäre ein Kabarettist also hier nicht ein gelungener Kompromiss?
Georg Schramm hat sich über Jahrzehnte hinweg einen Namen als ebenso scharfzüngiger wie unterhaltsamer Kritiker des kapitalistischen Wirtschaftssystems gemacht. Seine Popularität geht dabei weit über die klassische politische Linke hinaus.
Zu einem Zeitpunkt, in dem die neoliberalen Parteien dabei sind, einen Gauck, einen Schäuble oder irgendeine andere Person zu küren, die eben neoliberale Ziele und nicht die Ziele der Partei DIE LINKE. repräsentiert, sollte DIE LINKE. nicht darauf warten, dass sie von Angela Merkel endlich eingeladen wird, sondern ihre Stimme für die Stimme der Kritik an den herrschenden Zuständen erheben. Diese Stimme ist Georg Schramm.
Es dauerte nur wenige Minuten, bis die erste Unterzeichnung einging. Ich machte etwas Werbung für die Petition via Facebook und E-Mailverteiler. Bereits nach ein paar Stunden erreichte mich die erste Presseanfrage eines Journalisten von neues deutschland. Alles nahm seinen Lauf. Bis zum Abend kamen so über 150 Unterschriften zusammen und die Kampagne wurde bereits in Linkspartei-nahen Blogs erwähnt. Der Genosse Stefan machte mich darauf aufmerksam, dass es sinnvoll wäre, eine Pressemitteilung zu veröffentlichen. Dies tat ich, wenngleich neben dem nd mittlerweile auch das Online-Portal der WAZ eigenständig über die Kampagne berichtete und auch in verschiedenen Online-Foren jetzt fleißig für die Petition geworben wurde. Ich verfasste also eine Pressemitteilung und bat den Landesgeschäftsführer der Linke, diese doch bitte über den Presseverteiler zu schicken. Am Montagabend hatten wir über 450 Signaturen. Am darauffolgenden Tag erklärte mir der Landesgeschäftsführer, dass es eine Absprache der Landesvorstände gäbe, wonach bis zur Parteivorstandssitzung am Donnerstag keine Personalvorschläge fallen sollten. Deshalb könne er die Pressemitteilung nicht über den Verteiler des Landesverbandes schicken. So suchte ich mir, zunächst recht mühsam, die E-Mailadressen der großen Redaktionen heraus, bis ich auf eine Internetseite stieß, auf der die Adressen so ziemlich aller Redaktionen Deutschlands verzeichnet waren. Dort scheint die Erklärung auch angekommen zu sein, es wird zumindest in manchen Artikeln hieraus zitiert. In der jungen Welt und bei scharf links ist sie sogar im Originallaut zu lesen.
Doch auch schon bevor die Pressemitteilung rausging, stürzte sich die Presse bereits von sich aus auf das Thema. Und wir bekamen überraschend Rückendeckung aus der Parteiprominenz. So äußerte sich Oskar Lafontaine, Schramm sei ein „interessanter Vorschlag“. Und Sahra Wagenknecht sagte: „Schramm wäre sicherlich der bessere Bundespräsident, denn er stünde nicht auf der Seite der Banken und Finanzmärkte, sondern auf der Seite ihrer Kritiker. Außerdem könnte dieses mittlerweile allzu beschädigte Amt etwas Frische, Witz und Charme und vor allem den Mut zur Gesellschaftskritik gut gebrauchen.“ Bodo Ramelow wird zitiert mit: „Ich bin schon affin, ich mag ihn gern. Bisher gab es nur Bundespräsidentendarsteller, da kann man auch gleich einen Satiriker nehmen.“ Stefan Liebich hingegen soll gesagt haben: „Ich finde den Vorschlag sympathisch, unterstütze ihn aber nicht. Das Staatsoberhaupt sollte nicht noch mehr zur Lachnummer werden.“ Wieso eigentlich? Der sowohl bei den Piraten als auch in der Linken gelegentlich eingebrachte Einwand mangelnder Ernsthaftigkeit, hält er einer genauen Betrachtung stand? Ein politischer Künstler soll also ungeeignet sein, während ein, politisch gesehen eher dilletantisch auftretender, Tatort-Kommissar vor drei Jahren so durchging? Außerdem hat die SPD in Bayern gerade einen Kabarettisten als Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten aufgestellt. (Ja, Christian Ude ist nebenbei Kabarettist.) Dass Schramm über große Kenntnisse von politischen und wirtschaftlichen Zusammenhängen verfügt, zeigt er nicht nur auf der Bühne, sondern auch in Talkshows und Interviews:
Dass die Online-Presse allerdings sehr nach dem Stille-Post-Prinzip verfährt, wurde ebenfalls deutlich. In einer dpa-Meldung stand korrekt: „Ein Mitglied der Linksjugend solid, des offiziellen Jugendverbandes der Linkspartei, startete am Sonntag nach dem Vorbild der Piratenpartei eine Unterschriftensammlung im Internet für Schramm.“ Allerdings war z.B. in der Online-Ausgabe der Frankfurter Rundschau „auf Initiative der Hamburger Parteijugend“ zu lesen. Der Berliner Kurier behauptete sogar „Linken-Jugend macht sich für den Kabarettisten als Gegenkandidaten zu Joachim Gauck stark.“ Sorry, lieber LandessprecherInnenrat und BundessprecherInnenrat: Eine solche Anmaßung war nie mein Anliegen! Die Äußerung Lafontaines, wonach Schramm ein „interessanter Vorschlag“ sei, wurde bei Rentner-News in „Oskar Lafontaine fordert seine Partei "Die Linke" auf, Georg Schramm zu nominieren.“ umgedeutet.
Am Dienstagabend überschritt die Petition die 1000er-Marke. Und es hatten sich viele gute Kommentare gesammelt. Ein Auszug:
-Georg Schramm ist sowohl inhaltlich als auch menschlich ein nahezu perfekter Gegenkandidat zum scheinheiligen reaktionären und antisozialen Moralapostel Gauck.
-Georg Schramm verfügt über die nötige kritische Haltung, das nötige rhetorische Vermögen und über einen wachen Verstand. Er wäre eine inspirierende und heilsame Quelle! Piratenpartei und Die Linke könnten etwas Gutes tun und die demokratische Entwicklung Deutschlands fördern, wenn sie ihn nominieren!
-Wenn je jemand die deutsche Bevölkerung politisch-interlektuell herausgefordert hat, dann Georg Schramm! DIeser Mann verströmt aus jeder Hautpore den Wunsch nach Gerechtigkeit und die sich daraus erwachsende Solidarität - und das unablässig! Damit vertritt er, gefragt oder ungefragt, und ebenso berufen wie unberufen auf eigentümliche Weise die Mehrheit der Bevölkerung! - nur hat die's noch nicht bemerkt!
-Herr Schramm ist keine Comedyshow, er hat schon mehrfach bewiesen nicht nur kritisch satirisch Missstände, sondern dafür auch nachhaltige Lösungen aufgezeigt zu haben. Die ihm eigene Eloquenz erreicht in ihrer Klarheit alle Schichten. Es geht ihm immer um die Sache, ohne Profilneurose. Er erreicht 100%ig Zuhörer aller Schichten.
-Peinlich allerdings das Gejammer von Gregor Gysi die Linke wäre nicht beteiligt worden, anstatt seinen Stolz auszudrücken, an der Schmierenkomödie nicht beteiligt zu sein. Ich möchte der Linken vorschlagen, sich der Idee aus Reihen der Piraten anzuschliessen und Schramm vorzuschlagen, um wenigstens eine Alternative zu bieten auch den evtl. noch vorhandenen aufrichtigen Sozialdemokraten die möglicherweise noch existieren (hoffen darf man ja), Schramm müsste natürlich mitziehen, ist er uns eigentlich schuldig.
-wenn dieses Amt überhaupt noch einen Sinn machen soll, dann nur, wenn es jemand innehat, der GANZ ANDERS ist, der von Hause aus eine kritische Haltung zu dieser Bundesregierung, zu diesem Parteiensystem hat. Georg Schramm hat sich für mich da in seiner Rede auf der Occupy-Demo ganz klar qualifiziert. Wir brauchen einen Gegengewicht!
-Ich kann mir niemanden vorstellen, der mit schärferem Intellekt den Regierenden die Leviten lesen kann - und genau das wäre die Aufgabe eines Bundespräses - als Georg Schramm, und das in geistiger Freiheit ohne die Abhängigkeit zum Springer-Verlag und in Verantwortung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Allerdings zeichnete sich am Dienstagabend bereits auch ab, dass Schramm sich wohl doch nicht an Lother Domrowskis Ankündigung gebunden fühlt und nicht für eine Kandidatur zur Verfügung steht. Nachdem der Berliner Piraten-Abgeordnete Christopher Lauer dies als erster twitterte, berichtete auch bald die Sachen Schramm offenbar immer gut informierte Rhein-Zeitung über die Absage. Am darauf folgenden Mittwoch erreichte mich folgende E-Mail:
Lieber Herr Vahlenkamp
Vielen Dank für Ihre Initiative.
Im Anhang sende ich Ihnen das Statement meines Mannes Georg Schramm zu einer möglichen Kandidatur.
Mit herzlichen Grüßen,
Isa Fritz
Schramm steht nicht als Kandidat zur Verfügung
Einer Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten hat der Kabarettist Georg Schramm am Dienstag eine Absage erteilt.
Nach wie vor sieht er seine Aufgabe darin, mit den Mitteln des politischen Kabaretts gegen eine Politik zu kämpfen, die zunehmend vom Recht der Stärkeren beherrscht wird und mit der Kraft der Lobbyisten und Interessenverbände die demokratische Gewaltenteilung unseres Rechtsstaates bedroht.
In der lebhaften Diskussion seiner möglichen Kandidatur im Internet sieht Georg Schramm nicht nur eine Bestätigung seiner Arbeit, sondern auch eine neue Qualität und Dynamik der gesellschaftpolitischen Diskussion jenseits der herkömmlichen Medien, die ihn überrrascht und beeindruckt hat.
Diese neue Kraft gilt es zu stärken. In einer Kandidatur sieht Schramm aber keine Möglichkeit, dem Mißbrauch des Präsidentenamtes durch die etablierten Parteien entgegentreten zu können.
Vielmehr sollte man versuchen das Amt des Bundespräsidenten dem Zugriff der Parteien zu entziehen: Entweder durch Abschaffung oder durch Direktwahl - letzteres auf die Gefahr hin, daß die Besetzung von Schloss Bellevue dann offen von Kai Diekmann und Friede Springer entschieden wird.
In diesem Fall könne dann neu über seine Kandidatur diskutiert werden.
Georg Schramm am 22. Februar 2012
Tja, es wäre wohl zu schön gewesen. Er hätte wohl nicht für möglich gehalten, dass sein ironisch gemeinter Wahlaufruf eine solche Resonanz nach sich ziehen könnte. Man stelle sich vor, was mit Vor- und Direktwahlen wohl alles möglich wäre... Etwas mehr „Liquid Democracy“ würde dieser Gesellschaft wohl ganz gut tun. Mir hat das Ganze jedenfalls verdeutlicht, wie leicht es ist, mit ein paar Griffen in die Tastatur eine bundesweite Debatte anzustoßen.
Ach ja, und noch mal ganz kurz etwas zu den gelegentlich vorgebrachten „Antisemitismus“-Vorwürfen: Wer Kritik an „den Banken“ automatisch mit „den Juden“ verbindet, der muss sich ja wohl mal ganz dringend selbst fragen, ob er antisemitischen Klischeebildern anhängt. Ich glaube jedoch, dass die Anhänger der Theorie von der „antisemitischen Weltverschwörung“ für Einsichten längst nicht mehr zugänglich sind. Selig sind die geistig Armen.
Die Medien-Meute ist indes weiter zu Beate Klarsfeld gezogen. Falls an der Sache was dran ist, halte ich sie für eine gute Wahl. Auf jeden Fall wünsche ich dem sich heute treffenden Parteivorstand gutes Gelingen bei der Kandidatenfindung. Die Internet-Petition hatte zum Schluss 1564 Unterzeichner.
Und was wird aus dem LAK für ungewöhnliche Maßnahmen? Eine Genossin aus Bochum hat mir folgendes geschrieben:
Natürlich ist die "Wahl" nun eine Farce und Volksverarschung.
Gesine, Gregor und Klaus haben sich ja schon geäussert, daß sie sich vorbehalten einen eigenen Kandidaten/ eine eigene Kandidatin zu nominieren, und daß auch in Abstimmung mit den Piraten und den zwei Wahlpersonen-Stimmen, die diese in der Bundesversammlung haben werden.
Wir müssen sehen, was bei den Beratungen rauskommt, unsere Wahlkreisabgeordnete scheint eine weibliche Gegenkandidatur zu favorisieren.
Wie auch immer: es ist ein Verliererspiel.
Ich gehe davon aus, daß wir diese Muppetshow nicht so durchgehen lassen, ob nun Georg Schramm in die Arena tritt oder nicht. Und ich bin mir auch sicher, daß dieses FDP-Manöver zu einem Rohrkrepierer für CDU/CSU, SPD, FDP, GRÜNE werden wird. (...)
Wir können uns ganz entspannt zurücklehnen und brauchen nur auf die Knallchargen-Auftritte warten. Dann kann man zusammen mit den bereits alarmierten Netzcommunities an der Demontage der ganzen Kamarilla arbeiten.
Der LAK für außergewöhnliche Aktionen der solid HH wird dann noch genügend Gelegenheit haben, in Aktion zu treten. Eure Zeit kommt noch. ;-)
Das war natürlich ein Gag. Dennoch hatte ich den Eindruck, dass es auch ein kleines bisschen ernst gemeint war, schließlich wies Schramm darauf hin, dass es für die Annahme der Kandidatur ausreiche, wenn ein Mitglied der Bundesversammlung ihn vorschlägt. Leider gab es zu dem Zeitpunkt offenbar keinen fraktionslosen Abgeordneten, der nichts mehr zu verlieren hatte und sich diesen Scherz hätte erlauben können. Dabei hatte Lothar Dombrowski ja schon recht konkrete Vorstellungen, was er in dem Amt hätte machen können:
Kurze Zeit später wurde Christian Wilhelm Walter Wulff zum zehnten deutschen Bundespräsidenten gewählt. Doch Schramms Kandidaturersuchen geriet nicht in Vergessenheit. Nicht bei den Wutbürgern, die im Zuge der „Wulff-Affäre“ im Dezember mit einem Portrait Schramms vors Schloss Bellevue zogen und auch nicht bei mir, der ich im Verlauf dieser Affäre anfing zu überlegen, wie es möglich zu machen wäre, dass meine Partei Die Linke Schramm zur, möglicherweise bald bevorstehenden, Bundespräsidentenwahl aufstellen könnte. Da ich als einfaches Mitglied niemanden im Parteivorstand persönlich kenne, ging ich davon aus, dass mein Vorschlag nur dann Gehör finden kann, wenn es mir gelingt zu zeigen, wie viele Genossinnen und Genossen hinter meinem Anliegen stehen. Hierfür schien mir eine Internet-Petition der geeignetste Weg. Vorbild war hier der junge-Welt-Boykott. (Technisch wohlgemerkt, nicht inhaltlich!) Da ich keine Ahnung habe, wie man so etwas einrichtet, fragte ich einen Bekannten. Die Anleitung dazu hörte sich aber derartig kompliziert an, dass ich die Sache erst mal Ad acta legte. Es schien sich um Wulff ja auch bald wieder zu beruhigen...
Als Christian Wilhelm Walter Wulff dann am 17. Februar die Presse einlud, war schnell klar, dass es sich hier wohl nicht um die Vorstellung einer neuen Wohlfahrtsbriefmarke handelte, sondern er vielmehr seinen Rücktritt verkünden wollte. Nach der Aufhebung seiner Immunität gedachte er offenbar nicht, den bevorstehenden Prozess nun auch noch präsidial auszusitzen. Was nun? Lohnte es sich jetzt noch, eine Petition aufzusetzen? Oder hatte der Parteivorstand in den vergangenen Wochen bereits, ebenso wie ich, eine bestimmte Person als Kandidaten im Auge? Die ersten Fernsehstatements von Gregor und Gesine machten den Eindruck, dass dem nicht so sei. Statt dessen wurde rumgejammert, dass Die Linke von Merkel nicht zur gemeinsamen Kür eingeladen wurde. Warum eigentlich? Sicher, hätte Merkel Die Linke von sich aus eingeladen, wäre das ein positives Signal gewesen, dass die Partei Anerkennung genießt, etabliert, im positiven Sinne, ist. Wird Die Linke aber bewusst nicht eingeladen, wäre es doch geboten, ganz souverän einen eigenen Kandidaten, respektive Kandidatin, zu nominieren, statt sich zu verhalten wie ein Schulkind, dass nicht zum Kindergeburtstag eingeladen wird. Und sowieso: Wer will denn schon einen Bundespräsidenten, der von CSU bis Linke konsensfähig ist? Das müsste ja ein furchtbarer Opportunist sein.
Würde man mich überhaupt ernst nehmen, wenn ich einen Kabarettisten vorschlage? Würde man mir nicht vielmehr den Vogel zeigen? Mut machten mir die Piraten, deren Basis zu meiner Überraschung und Freude, am Abend des 17. ebenfalls an einer Nominierung Schramms bastelte. Auch wenn ich die Piraten aufgrund ihrer überwiegend liberalistischen Grundausrichtung und der damit einhergehenden mangelhaften Prioritätensetzung von sozialem Ausgleich nicht unbedingt als erste Bündnispartner sehe, die Nutzung von basisdemokratischen Elementen („Liquid Democracy“) ist schon eine sehr feine Sache. Und, während ich weiterhin im Unklaren war, was mein Parteivorstand vorhatte zu tun, konnte ich am Bildschirm live mitverfolgen, wie ein Schreiben der Piraten an Schramm erstellt wurde und eine Online-Abstimmung zu dem Anliegen lief. Faszinierend. Mir ist natürlich klar dass die Mitgliederstruktur der Linken eine andere ist. Dennoch sollte dringend mal geprüft werden, wie mehr Basisbeteiligung auch bei uns möglich ist. Überhaupt: Warum finden in Deutschland keine parteiinternen Vorwahlen statt, wie in so vielen anderen Demokratien? Mal ganz abgesehen davon, dass in Deutschland das Staatsoberhaupt nicht mal durch das Volk gewählt wird, was übrigens auch eine Schande ist.
In der Rhein-Zeitung war am Tag darauf Folgendes zu lesen:
Schramm lehnt die Idee offenbar zumindest nicht rundherum ab. Sein Agent Tilman Schmidt hat am Samstag unserer Zeitung per Mail mitgeteilt, Georg Schramm benötige "etwas Zeit um sich zu entscheiden, wie er auf die vielen Anrufe und Mails reagieren wird, die ihn zu einer Kandidatur drängen". Er bitte deshalb noch um einige Tage Geduld.
Es schien sich also zu lohnen...
Ich fand heraus, dass es bei openpetition.de sehr leicht ist, eine solche Online-Petition einzurichten. Natürlich ist klar, dass sich hier letztlich jeder Idiot mit falschem Namen eintragen kann und es keine Möglichkeit gibt zu überprüfen, ob es sich wirklich um Anhänger der Linken handelt. Aber es hat immerhin eine symbolhafte Wirkung und Bedeutung. Nun brauchte ich noch eine formale Ebene, auf die ich die Kampagne stützen konnte, damit das ganze nicht zu sehr nach One-Man-Show aussieht. Es war nicht schwer, unter den Genossinnen und Genossen Befürworter Schramms zu finden und so gründeten wir am Abend des 18. Februar relativ unspektakulär und improvisiert den „Landesarbeitskreis für ungewöhnliche Maßnahmen in der Linksjugend ['solid]“ mit insgesamt fünf Mitgliedern auf dem Hamburger Berg. Nur wenige Stunden später, stellte ich dann diesen Aufruf online:
Wir, Mitglieder, Sympatisierende, Wählerinnen und Wähler der Partei DIE LINKE.,
fordern den Parteivorstand von DIE LINKE. auf, Georg Schramm zum Kandidaten für das Amt des deutschen Bundespräsidenten zu nominieren, bzw. im Falle seiner Nominierung durch die Piratenpartei, ihn ebenfalls als Kandidaten zu unterstützen.
Begründung: Die Vorstellung, einen Kabarettisten für das Amt des Bundespräsidenten kandidieren zu lassen, mag manchen skurril vorkommen. Anderen wiederum erscheint das Amt des Bundespräsidenten an sich skurril. Wäre ein Kabarettist also hier nicht ein gelungener Kompromiss?
Georg Schramm hat sich über Jahrzehnte hinweg einen Namen als ebenso scharfzüngiger wie unterhaltsamer Kritiker des kapitalistischen Wirtschaftssystems gemacht. Seine Popularität geht dabei weit über die klassische politische Linke hinaus.
Zu einem Zeitpunkt, in dem die neoliberalen Parteien dabei sind, einen Gauck, einen Schäuble oder irgendeine andere Person zu küren, die eben neoliberale Ziele und nicht die Ziele der Partei DIE LINKE. repräsentiert, sollte DIE LINKE. nicht darauf warten, dass sie von Angela Merkel endlich eingeladen wird, sondern ihre Stimme für die Stimme der Kritik an den herrschenden Zuständen erheben. Diese Stimme ist Georg Schramm.
Es dauerte nur wenige Minuten, bis die erste Unterzeichnung einging. Ich machte etwas Werbung für die Petition via Facebook und E-Mailverteiler. Bereits nach ein paar Stunden erreichte mich die erste Presseanfrage eines Journalisten von neues deutschland. Alles nahm seinen Lauf. Bis zum Abend kamen so über 150 Unterschriften zusammen und die Kampagne wurde bereits in Linkspartei-nahen Blogs erwähnt. Der Genosse Stefan machte mich darauf aufmerksam, dass es sinnvoll wäre, eine Pressemitteilung zu veröffentlichen. Dies tat ich, wenngleich neben dem nd mittlerweile auch das Online-Portal der WAZ eigenständig über die Kampagne berichtete und auch in verschiedenen Online-Foren jetzt fleißig für die Petition geworben wurde. Ich verfasste also eine Pressemitteilung und bat den Landesgeschäftsführer der Linke, diese doch bitte über den Presseverteiler zu schicken. Am Montagabend hatten wir über 450 Signaturen. Am darauffolgenden Tag erklärte mir der Landesgeschäftsführer, dass es eine Absprache der Landesvorstände gäbe, wonach bis zur Parteivorstandssitzung am Donnerstag keine Personalvorschläge fallen sollten. Deshalb könne er die Pressemitteilung nicht über den Verteiler des Landesverbandes schicken. So suchte ich mir, zunächst recht mühsam, die E-Mailadressen der großen Redaktionen heraus, bis ich auf eine Internetseite stieß, auf der die Adressen so ziemlich aller Redaktionen Deutschlands verzeichnet waren. Dort scheint die Erklärung auch angekommen zu sein, es wird zumindest in manchen Artikeln hieraus zitiert. In der jungen Welt und bei scharf links ist sie sogar im Originallaut zu lesen.
Doch auch schon bevor die Pressemitteilung rausging, stürzte sich die Presse bereits von sich aus auf das Thema. Und wir bekamen überraschend Rückendeckung aus der Parteiprominenz. So äußerte sich Oskar Lafontaine, Schramm sei ein „interessanter Vorschlag“. Und Sahra Wagenknecht sagte: „Schramm wäre sicherlich der bessere Bundespräsident, denn er stünde nicht auf der Seite der Banken und Finanzmärkte, sondern auf der Seite ihrer Kritiker. Außerdem könnte dieses mittlerweile allzu beschädigte Amt etwas Frische, Witz und Charme und vor allem den Mut zur Gesellschaftskritik gut gebrauchen.“ Bodo Ramelow wird zitiert mit: „Ich bin schon affin, ich mag ihn gern. Bisher gab es nur Bundespräsidentendarsteller, da kann man auch gleich einen Satiriker nehmen.“ Stefan Liebich hingegen soll gesagt haben: „Ich finde den Vorschlag sympathisch, unterstütze ihn aber nicht. Das Staatsoberhaupt sollte nicht noch mehr zur Lachnummer werden.“ Wieso eigentlich? Der sowohl bei den Piraten als auch in der Linken gelegentlich eingebrachte Einwand mangelnder Ernsthaftigkeit, hält er einer genauen Betrachtung stand? Ein politischer Künstler soll also ungeeignet sein, während ein, politisch gesehen eher dilletantisch auftretender, Tatort-Kommissar vor drei Jahren so durchging? Außerdem hat die SPD in Bayern gerade einen Kabarettisten als Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten aufgestellt. (Ja, Christian Ude ist nebenbei Kabarettist.) Dass Schramm über große Kenntnisse von politischen und wirtschaftlichen Zusammenhängen verfügt, zeigt er nicht nur auf der Bühne, sondern auch in Talkshows und Interviews:
Dass die Online-Presse allerdings sehr nach dem Stille-Post-Prinzip verfährt, wurde ebenfalls deutlich. In einer dpa-Meldung stand korrekt: „Ein Mitglied der Linksjugend solid, des offiziellen Jugendverbandes der Linkspartei, startete am Sonntag nach dem Vorbild der Piratenpartei eine Unterschriftensammlung im Internet für Schramm.“ Allerdings war z.B. in der Online-Ausgabe der Frankfurter Rundschau „auf Initiative der Hamburger Parteijugend“ zu lesen. Der Berliner Kurier behauptete sogar „Linken-Jugend macht sich für den Kabarettisten als Gegenkandidaten zu Joachim Gauck stark.“ Sorry, lieber LandessprecherInnenrat und BundessprecherInnenrat: Eine solche Anmaßung war nie mein Anliegen! Die Äußerung Lafontaines, wonach Schramm ein „interessanter Vorschlag“ sei, wurde bei Rentner-News in „Oskar Lafontaine fordert seine Partei "Die Linke" auf, Georg Schramm zu nominieren.“ umgedeutet.
Am Dienstagabend überschritt die Petition die 1000er-Marke. Und es hatten sich viele gute Kommentare gesammelt. Ein Auszug:
-Georg Schramm ist sowohl inhaltlich als auch menschlich ein nahezu perfekter Gegenkandidat zum scheinheiligen reaktionären und antisozialen Moralapostel Gauck.
-Georg Schramm verfügt über die nötige kritische Haltung, das nötige rhetorische Vermögen und über einen wachen Verstand. Er wäre eine inspirierende und heilsame Quelle! Piratenpartei und Die Linke könnten etwas Gutes tun und die demokratische Entwicklung Deutschlands fördern, wenn sie ihn nominieren!
-Wenn je jemand die deutsche Bevölkerung politisch-interlektuell herausgefordert hat, dann Georg Schramm! DIeser Mann verströmt aus jeder Hautpore den Wunsch nach Gerechtigkeit und die sich daraus erwachsende Solidarität - und das unablässig! Damit vertritt er, gefragt oder ungefragt, und ebenso berufen wie unberufen auf eigentümliche Weise die Mehrheit der Bevölkerung! - nur hat die's noch nicht bemerkt!
-Herr Schramm ist keine Comedyshow, er hat schon mehrfach bewiesen nicht nur kritisch satirisch Missstände, sondern dafür auch nachhaltige Lösungen aufgezeigt zu haben. Die ihm eigene Eloquenz erreicht in ihrer Klarheit alle Schichten. Es geht ihm immer um die Sache, ohne Profilneurose. Er erreicht 100%ig Zuhörer aller Schichten.
-Peinlich allerdings das Gejammer von Gregor Gysi die Linke wäre nicht beteiligt worden, anstatt seinen Stolz auszudrücken, an der Schmierenkomödie nicht beteiligt zu sein. Ich möchte der Linken vorschlagen, sich der Idee aus Reihen der Piraten anzuschliessen und Schramm vorzuschlagen, um wenigstens eine Alternative zu bieten auch den evtl. noch vorhandenen aufrichtigen Sozialdemokraten die möglicherweise noch existieren (hoffen darf man ja), Schramm müsste natürlich mitziehen, ist er uns eigentlich schuldig.
-wenn dieses Amt überhaupt noch einen Sinn machen soll, dann nur, wenn es jemand innehat, der GANZ ANDERS ist, der von Hause aus eine kritische Haltung zu dieser Bundesregierung, zu diesem Parteiensystem hat. Georg Schramm hat sich für mich da in seiner Rede auf der Occupy-Demo ganz klar qualifiziert. Wir brauchen einen Gegengewicht!
-Ich kann mir niemanden vorstellen, der mit schärferem Intellekt den Regierenden die Leviten lesen kann - und genau das wäre die Aufgabe eines Bundespräses - als Georg Schramm, und das in geistiger Freiheit ohne die Abhängigkeit zum Springer-Verlag und in Verantwortung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Allerdings zeichnete sich am Dienstagabend bereits auch ab, dass Schramm sich wohl doch nicht an Lother Domrowskis Ankündigung gebunden fühlt und nicht für eine Kandidatur zur Verfügung steht. Nachdem der Berliner Piraten-Abgeordnete Christopher Lauer dies als erster twitterte, berichtete auch bald die Sachen Schramm offenbar immer gut informierte Rhein-Zeitung über die Absage. Am darauf folgenden Mittwoch erreichte mich folgende E-Mail:
Lieber Herr Vahlenkamp
Vielen Dank für Ihre Initiative.
Im Anhang sende ich Ihnen das Statement meines Mannes Georg Schramm zu einer möglichen Kandidatur.
Mit herzlichen Grüßen,
Isa Fritz
Schramm steht nicht als Kandidat zur Verfügung
Einer Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten hat der Kabarettist Georg Schramm am Dienstag eine Absage erteilt.
Nach wie vor sieht er seine Aufgabe darin, mit den Mitteln des politischen Kabaretts gegen eine Politik zu kämpfen, die zunehmend vom Recht der Stärkeren beherrscht wird und mit der Kraft der Lobbyisten und Interessenverbände die demokratische Gewaltenteilung unseres Rechtsstaates bedroht.
In der lebhaften Diskussion seiner möglichen Kandidatur im Internet sieht Georg Schramm nicht nur eine Bestätigung seiner Arbeit, sondern auch eine neue Qualität und Dynamik der gesellschaftpolitischen Diskussion jenseits der herkömmlichen Medien, die ihn überrrascht und beeindruckt hat.
Diese neue Kraft gilt es zu stärken. In einer Kandidatur sieht Schramm aber keine Möglichkeit, dem Mißbrauch des Präsidentenamtes durch die etablierten Parteien entgegentreten zu können.
Vielmehr sollte man versuchen das Amt des Bundespräsidenten dem Zugriff der Parteien zu entziehen: Entweder durch Abschaffung oder durch Direktwahl - letzteres auf die Gefahr hin, daß die Besetzung von Schloss Bellevue dann offen von Kai Diekmann und Friede Springer entschieden wird.
In diesem Fall könne dann neu über seine Kandidatur diskutiert werden.
Georg Schramm am 22. Februar 2012
Tja, es wäre wohl zu schön gewesen. Er hätte wohl nicht für möglich gehalten, dass sein ironisch gemeinter Wahlaufruf eine solche Resonanz nach sich ziehen könnte. Man stelle sich vor, was mit Vor- und Direktwahlen wohl alles möglich wäre... Etwas mehr „Liquid Democracy“ würde dieser Gesellschaft wohl ganz gut tun. Mir hat das Ganze jedenfalls verdeutlicht, wie leicht es ist, mit ein paar Griffen in die Tastatur eine bundesweite Debatte anzustoßen.
Ach ja, und noch mal ganz kurz etwas zu den gelegentlich vorgebrachten „Antisemitismus“-Vorwürfen: Wer Kritik an „den Banken“ automatisch mit „den Juden“ verbindet, der muss sich ja wohl mal ganz dringend selbst fragen, ob er antisemitischen Klischeebildern anhängt. Ich glaube jedoch, dass die Anhänger der Theorie von der „antisemitischen Weltverschwörung“ für Einsichten längst nicht mehr zugänglich sind. Selig sind die geistig Armen.
Die Medien-Meute ist indes weiter zu Beate Klarsfeld gezogen. Falls an der Sache was dran ist, halte ich sie für eine gute Wahl. Auf jeden Fall wünsche ich dem sich heute treffenden Parteivorstand gutes Gelingen bei der Kandidatenfindung. Die Internet-Petition hatte zum Schluss 1564 Unterzeichner.
Und was wird aus dem LAK für ungewöhnliche Maßnahmen? Eine Genossin aus Bochum hat mir folgendes geschrieben:
Natürlich ist die "Wahl" nun eine Farce und Volksverarschung.
Gesine, Gregor und Klaus haben sich ja schon geäussert, daß sie sich vorbehalten einen eigenen Kandidaten/ eine eigene Kandidatin zu nominieren, und daß auch in Abstimmung mit den Piraten und den zwei Wahlpersonen-Stimmen, die diese in der Bundesversammlung haben werden.
Wir müssen sehen, was bei den Beratungen rauskommt, unsere Wahlkreisabgeordnete scheint eine weibliche Gegenkandidatur zu favorisieren.
Wie auch immer: es ist ein Verliererspiel.
Ich gehe davon aus, daß wir diese Muppetshow nicht so durchgehen lassen, ob nun Georg Schramm in die Arena tritt oder nicht. Und ich bin mir auch sicher, daß dieses FDP-Manöver zu einem Rohrkrepierer für CDU/CSU, SPD, FDP, GRÜNE werden wird. (...)
Wir können uns ganz entspannt zurücklehnen und brauchen nur auf die Knallchargen-Auftritte warten. Dann kann man zusammen mit den bereits alarmierten Netzcommunities an der Demontage der ganzen Kamarilla arbeiten.
Der LAK für außergewöhnliche Aktionen der solid HH wird dann noch genügend Gelegenheit haben, in Aktion zu treten. Eure Zeit kommt noch. ;-)